Letzte Woche haben wir euch bereits vorgestellt, wie das Skript für ein Hörspiel entsteht. Heute soll es darum gehen, was im Studio bei den Aufnahmen passiert.
„Und – los geht’s!“
Es ist neun Uhr. Alle Sprecher sind pünktlich da, es kann los gehen. Alle? Nein, nicht alle. Aber diejenigen, die für die erste Szene des Tages gebraucht werden. Natürlich müssen nicht immer alle Sprecher den ganzen Tag über anwesend sein. Die sogenannte „Disposition“ oder kurz „Dispo“ ist der Plan für den Tag. Sie regelt wann welche Szene aufgenommen wird, welche Sprecher dafür gebraucht werden und wie lang es ungefähr dauert. Und so kommt es, dass das Hörspiel nicht chronologisch – also von vorne nach hinten – eingesprochen wird. Gestartet wird zum Beispiel mit Szene 20, dann Szene 1, dann kommt Szene 13 nach Szene 7. Dadurch kann es passieren, dass mancher Nebendarsteller nur eine halbe Stunde im Studio ist – aber am Anfang und am Ende der Geschichte vor kommt.
Tobias Schier gibt die Kommandos
Der Regisseur Tobias Schier sitzt neben dem Techniker am großen Digital-Mischpult. Die Sprecher stehen hinter einer Glasscheibe an sechs Mikrofonen. Jede Szene wird erst mal durchgesprochen und grobe Anweisungen gegeben. Wichtig ist auch eine Einführung der Szene. Wo genau sind wir? Was wissen die Charaktere schon, was noch nicht? Das ist nicht unerheblich, denn bei dem ganzen Hin- und Herspringen durch die Szenen darf man den Überblick nie verlieren und muss einen klaren Kopf bewahren. Dann geht das „Rotlicht“ an, ein kleines Lämpchen in der Mitte; das signalisiert allen: Jetzt gilt es! Wir nehmen auf! Hin und wieder grätscht der Regisseur dazwischen und sagt z.B.: „Neee, Esther. Das musst Du noch intensiver sagen. Stell Dir vor, du steckst mitten in der Patsche und weißt keinen Ausweg. Würdest Du es dann auch so lasch von Dir geben? Mehr Energie! Ok? Und bitte!“ Und dann gibt der Sprecher eben noch mal alles und merkt man auf einmal, wie eine Szene zu leben anfängt – obwohl weder Geräusche noch Musik mit aufgenommen werden, nur die Stimmen. Manchmal muss Tobias Schuffenhauer den Sprechern helfen, sich alles vorzustellen, was später noch drunter gemixt wird: „Stell Dir vor, Marianne, unter Dir rauscht das Meer gegen die Klippen, Möwen fliegen rum und kreischen, der Wind peitscht Dir um die Ohren. Du musst lauter brüllen, damit Hans-Georg Dich auch versteht.“ Und tatsächlich, dann sitzt es. Und alle sind zufrieden. Kleinere Gegenstände finden aber auch schon direkt ihren Weg ins Studio. Dann performen die 5 Geschwister mit dem Zettel mit dem Rätseltext drauf, reichen ihn von Marianne bis Alexander einmal durch; oder trinken wirklich aus der Flasche, damit es echt rüber kommt. Bei einer Szene muss Esther durch einen Knebel hindurch sprechen. Tja, da muss sie den Mund halt mal richtig voll nehmen… eine Hand voll Weingummi. „Sorry, aber es klingt einfach besser…!“, entschuldigt sich Tobias Schier.
Pleiten, Pech und Pannen!
„Pro Folge muss man einen Tag, also ca. 8 Stunden Aufnahme, einplanen“, sagt Tobias Schier von der TOS-hörfabrik. „Wir haben zwar die Stimmen für die 5 Geschwister im Februar in einem deutschlandweiten Casting ausgesucht – und die sind auch ziemlich gut – aber es sind eben doch größtenteils junge Laiensprecher und keine professionellen Synchronsprecher oder Schauspieler, wie man es von anderen großen Hörspielproduktionen kennt. Und so planen wir auch genügend Pausenzeiten ein, denn die Konzentration während der Aufnahme im Studio muss schon immer ziemlich hoch gehalten werden. Da tut es zwischendurch gut, auch mal zu entspannen oder was zu essen.“
Natürlich passiert es auch immer wieder, dass etwas daneben geht. „Ach, ich war gemeint?“ Esther hat mal wieder geträumt. Oder Petra verspricht sich. Dann fangen alle an zu lachen, der Satz wird einfach wiederholt, wieder und wieder, manchmal 20 mal, bis er schließlich genau so ist, wie er gedacht war. Es kann aber auch vorkommen, dass die Sprecher spontan ihren Text noch mal umformulieren wie es vielleicht besser zu ihnen passt. Und schon funktioniert der Dialog viel besser. Hier kannst du ein paar der sogenannten „Outtakes“ anhören.
Der Techniker hat auch ein Skript vor sich liegen. Er zeichnet jede Seite ab, die „im Kasten ist“ und markiert die besten Takes, die nicht geschnitten werden müssen. Am Ende des Tages übergibt er viele Stunden Rohmaterial. Daraus müssen die beiden Tobiasse der TOS-hörfabrik dann die besten Stücke suchen, zeitlich in die richtige Reihenfolge bringen und dann mit Geräuschen und Effekten (sog. Raumklang) versehen und Musik drunter legen. Wie das genau von statten geht?
Dazu kommen wir dann nächste Woche in Teil 3 von 4…
Toll